Samstag, 3. Mai 2014

REPRODUKTIVE AUTONOMIE: Gibt es anerkannte Grenzen?

- warum werden die gesellschaftlichen Auswirkungen der Fortpflanzung oft ausgeblendet?

Im März 2014 hat die Büchnerpreisträgerin S. Lewitscharoff in Dresden eine Rede gehalten.Thema: „Von der Machbarkeit. Die wissenschaftliche Bestimmung über Geburt und Tod“. Nach anfänglich positiven Reaktionen haben sich in der Folgezeit vornehmlich kritische Stimmen zu Wort gemeldet. Die wegen der nicht akzeptablen Wortwahl – die Künstlerin hat künstlich erzeugte Kinder als Halbwesen bezeichnet – zu Recht geführte, wenn auch medial aufgeheitzte Debatte hat allerdings mit dazu beigetragen, dass das Grund-Anliegen der Rede kaum aufgegriffen und diskutiert worden ist. Frau L. möchte Warnzeichen gegen eine von ihr befürchtete negative Entwicklung aufrichten.

Die Rednerin spricht von der Gefahr, dass es durch die nicht eingeschränkte Nutzung der infolge der Fortschritte in der Medizin erweiterten Möglichkeiten fast zwangsläufig zu einer Verzweckung des Menschen, zu seiner fortschreitenden Instrumentalisierung kommt. Mit dem geltenden Verständnis der Menschenwürde wäre diese Entwicklung nicht vereinbar. Wo liegen die Grenzen für die Erfüllung eines Kinderwunsches? Welche neuen Regeln müssen gelten, um dem „Machbarkeitswahn“ Einhalt zu gebieten? Ist alles erlaubt, was machbar ist - nur weil es machbar ist?

Dem Zeitgeist entsprechend wird den Eltern das Recht auf ein Kind zugesprochen. Methode und Zeitpunkt (social freezing) sind wählbar. Staatliche Unterstützung wird erwartet. Aber bei dieser allein auf den Elternwunsch konzentrierten Sicht werden sozial-ethische Auswirkungen gesamtgesellschaftlicher Art bewusst ausgeblendet. Wer sorgt sich um die legitimen Interessen der Kinder? Auf welcher Basis werden in Zukunft die entstehenden Fragen beantwortet? Wie verstehen wir Familie – z.B. im Fall anonymer Samenspender?

Wegen des drohenden demographischen Wandels allein die Aspekte einer medizinisch verbesserten Möglichkeit der Fortpflanzung zu beachten und zu fördern, ist nicht ausreichend. Es geht um eine zutiefst anthropologische Frage: Welcher Begriff von „Menschheit“ soll in Zukunft gelten? Unser Grundgesetz gibt entsprechende Maßstäbe vor. Menschen haben ihre unverlierbare Würde in sich selbst; sie dürfen nie als Mittel zum Zweck genutzt (und gezeugt) werden.

Mai 2014