Donnerstag, 13. November 2014

Das Lebenshaus der Caritas Frankfurt am Main



Johannes Beckermann, HMK Leben, im Gespräch mit Hartmut Fritz (Caritasdirektor 1998 bis 2014) über das Lebenshaus der Caritas Frankfurt am Main

Dienstag, 30. September 2014

INZESTVERBOT

§ 173 Abs. 2 StGB stellt den „Beischlaf zwischen leiblichen Verwandten“ unter Strafe: Zu Recht

Fragen:

Grundsätzlich: Kann mit einer Strafandrohung das angestrebte Schutzziel erreicht werden?
Speziell: Die Familie soll als Rechtsgut geschützt werden. Gibt es evtl. schützenswertere Rechtsgüter, die eine Aufhebung dieser Strafandrohung rechtfertigen? Haben sich die Grundlagen für die Strafandrohung entscheidend verändert?

Das Inzestverbot gehört zu den ältesten Normen menschlichen Zusammenlebens. Deshalb ist schon überraschend, dass im September 2014 der Deutsche Ethikrat – mit knapper Mehrheit – angeregt hat, die Strafbarkeit des Beischlafs zwischen erwachsenen Geschwistern aufzuheben. Eindeutig negative Reaktionen insbesondere aus der Unions-Fraktion deuten aber an, dass dieser Vorschlag zur Zeit wohl keine parlamentarische Mehrheit finden wird.

Die verfassungsrechtliche Situation scheint eindeutig geklärt: Das BVerfG hat im Jahr 2008 – bei 7:1 Richterstimmen - verfassungsrechtliche Bedenken (Grundgesetzverstoß?) als nicht begründet abgelehnt. Die in einem Minderheitsvotum aufgeworfene (und dort verneinte) Frage, ob das Strafrecht überhaupt geeignet ist, den gewünschten Schutzzweck zu erreichen, hat das Gericht eindeutig positiv mitentschieden. Von 2007 bis 2012 gab es pro Jahr acht bis zwölf Verurteilungen. - Auch der EGMR hat im Jahr 2012 die Verfassungsmäßigkeit des $ 173 StGB bestätigt.

Wie erklärt sich das erstarkte Interesse an dieser Fragestellung?

Das mit der Strafnorm angestrebte Schutzziel könnte die eigentliche „Zielscheibe“ sein: In unserer Gesellschaft gibt es seit längerem erkennbare Tendenzen, die Schutzwürdigkeit der Familie – in ihrer traditionellen Form – zu hinterfragen. Damit werden Fundamente unserer staatlichen Ordnung unterminiert.

Dem Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung – gepaart mit der individuellen Freiheit - soll ein höherer Rang eingeräumt werden. Aber auch das Einvernehmen kann die Aufhebung der Strafbarkeit nicht begründen. Unsere Rechtsordnung missbilligt Handlungen/Verträge, die gegen die guten Sitten verstoßen (§ 138 BGB).

In der Lebenswirklichkeit schafft die vermehrte Zeugung von Kindern mittels Samenspenden neue Risiken/Unsicherheiten. In Kanada soll mit Hilfe von Datenbanken die Suche nach Angehörigen erleichtert werden. Nachdem bei uns gerichtlich (2013) der Auskunftsanspruch auf den Namen des leiblichen Vaters anerkannt worden ist, könnte auch bei uns dieser Weg eröffnet werden. Bei der Diskussion um die Zulässigkeit der Babyklappe wird immer wieder darauf hingewiesen, wie sehr manche Kinder an ihrer „Abstammungslosigkeit“ leiden; sie suchen daher aktiv nach unbekannten Elternteilen.

Das eugenische Argument der angestrebten Verhinderung möglicher Behinderungen allein reicht zwar für die Strafnorm nicht aus: Auch behinderte Kinder haben ein Lebensrecht. Gerade in Zeiten, in denen die von unserem Grundgesetz besonders geschützte Familie unter vermehrten Anpassungs- und Rechtfertigungsdruck geraten ist, sollte man das seit Alters her strafbewährte Tabu des Inzestverbots dennoch nicht in Frage stellen. Um Einzelfälle möglichst gerecht zu behandeln, sind die notwendigen Regelungen im Verfahren zu § 173 StGB in unserer Strafprozessordnung vorgesehen.

UND: Wie nachhaltig (und schnell) das Unrechtsbewusstsein verloren gehen kann, wenn eine bestehende Strafnorm aufgehoben wird, kann man bei unserer Abtreibungsregelung („Rechtswidrig, aber straflos“) feststellen.

 

Dienstag, 23. September 2014

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT: Texte und Video-Interviewreihen

Das Leben ist ein kostbares Geschenk. Aber fühlen wir uns noch als Beschenkte mit den daraus auch entspringenden Konsequenzen? Und noch wichtiger: Akzeptieren wir uns als Geschöpfe? Oder sehen wir uns angesichts der unübersehbar erweiterten forschungsbedingten Möglichkeiten  eher schon als Schöpfer? Die Mitglieder bzw. Unterstützer des 2000 gegründeten HMK versuchen, schlüssige und für viele akzeptable Antworten auf diese die Zukunft mitentscheidenden Fragen zu geben – und dies im Rahmen der HMK-Öffentlichkeitsarbeit. Sie umfasst mehrere Schwerpunkte:

(1) In unseren Texten haben wir von Anfang an die verschiedensten Aspekte zu dem THEMA LEBEN – vor allem dessen Schutz vom Anfang bis zum Ende betreffend – ausführlich analysiert und dargestellt, u.a. in den Schwerpunktthemen, Stichworten, Glossarium sowie "Zeichen der Zeit".
  • Um hilfesuchenden „Schwangeren in Not“ den leichten Zugang zu verschiedenen Hilfsangeboten (Caritas, SkF) zu ermöglichen, haben wir z.B. die "Vertrauliche Geburt" im Rahmen der Aktion Moses auch in Videos ins Netz gestellt.
  • Einen schnellen Überblick über interessant erscheinende Entwicklungen bzw. Themen ermöglicht der blog auf der Startseite: Die 93 Einträge sind 10.408mal angeklickt worden.

(2) In Ergänzung zu den weiterhin angebotenen (aktualisierten und ergänzten) Texten haben wir in den Jahren 2003 bis 2007 mit verschiedenen Partnern und einem katholischen Bischof als Schirmherrn drei öffentliche Vortragsreihen geplant und durchgeführt. Diese haben wir zuletzt durch kurze Videointerviews mit den Referenten begleitet.

(3) Die neuen Medien machen es möglich: Um an Fragen des umfassenden Lebensschutzes Interessierten jederzeit und auf Dauer Zugriff auf die von uns erarbeiteten Themenbereiche zu geben, haben wir uns nach den Vorträgen auf die konzeptionelle Durchführung eigener Videointerviewreihen konzentriert. Mit messbarem Erfolg: In den nächsten Wochen wird die Zahl der Klicks auf unsere Videos (dann 50, auch auf YouTube unter JWBHMK) die Marke von 170.000 überschreiten.

Leben vor dem Lebensende“: Wegen des deutlich gestiegenen Interesses an dieser Thematik haben wir im August 2007 mit dieser Reihe begonnen. Ein audiophon über „Gespräche mit Sterbenden“ in dem Hospiz Advena in Erbenheim (12/07) führt die Liste aller Klicks mit schon über 40.000 „Besuchen“ an.

Im Moment heftig in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion stehende Einzelthemen wie die  Strafbarkeit der Beihilfe zur Selbsttötung finden reges Interesse; über moraltheologische Aspekte haben wir mit Pater Prof. Dr. Schuster SJ (07/12; 1.048 Klicks) und über medizinethische Fragen mit Frau Dr. Bockenheimer (07/13; 345 Klicks) gesprochen.

Unsere Interviews mit den Professoren Bechstein und Schuster SJ (10/12) über grundsätzliche und aktuelle Fragen zu Organtransplantationen wurden mit 489 Klicks bedacht.

Die Frage, ob Deutschland kinderunfreundlich? ist, wird angesichts der demographischen Entwicklung mit den weiter niedrigen Geburtenzahlen immer wieder gestellt. Bislang haben wir nur drei Videointerviews machen können; die Zahl der zum Gespräch bereiten Partner ist wegen der von ihnen als besonders „heikel“ eingestuften Thematik deutlich eingeschränkt. Im Rahmen der aktuellen Suche nach der „richtigen“, der zukunftssichernden Familienpolitik werden wir dennoch weiterhin diesen Fragen nachgehen. Das Konzept des Caritas-Lebenshauses „St. Leonhard“* (08/14) hat uns eindrucksvoll eine Möglichkeit aufgezeigt, wie gemeinschaftsstiftender und generationsübergreifender Lebens- und Wohnraum für Jung und Alt geschaffen werden kann.

22. September 2014

* das Video über den Besuch bei der Caritas wird in wenigen Tagen zu sehen sein

Samstag, 13. September 2014

LEBENSSCHUTZ UND MEDIZIN: Eine schwindende Vertrauensbasis?

Der alarmierende Befund: Aus der aktuellen Diskussion um Manipulationen bei Organspenden aber auch bei Fragen zum ärztlich assistierten Suizid muss man leider den Schluss ziehen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt zunehmend gefährdet scheint. Ansätze eines latenten Misstrauens (persönlich bzw. strukturell) lassen sich schon früher in der Debatte um die Patientenverfügung erahnen.

 Aus Nachbarländern, in denen die aktive Sterbehilfe nicht verboten ist, kann man hören, dass diese „Dienstleistungen“ auch an nicht um ihre Einwilligung befragten Patienten vorgenommen werden. Daher wurde in Holland mit der CREDO CARD der besorgte Aufruf formuliert: „Maak mij niet dood, Doktor“. Leider geben vereinzelte Berichte aus deutschen Krankenhäusern Anlass zu der Sorge, dass Fälle gefährlicher Verwahrlosung – bis in den Grenzbereich der Lebensgefährdung – nicht mehr ausgeschlossen werden können.

Wenn man über die Phasen des Lebensschutzes nachdenkt – vom Beginn bis zum Tod -, wird ein zunehmend engerer Zusammenhang zwischen Leben und Medizin deutlich:

Zu Beginn in der Stammzellenforschung, der Kryokonservierung, dem Embryonenschutz, der künstlichen Befruchtung (IVF) sowie der Präimplantationsdiagnostik (PID) und der Pränataldiagnostik (PND); zu diesem frühen Stadium zählt auch die Leihmutterschaft als bei uns nicht erlaubte Ausnahme.

Zum Ende des Lebens haben Forschungserfolge zu einer deutlich längeren Lebenserwartung mit den dadurch gewonnenen erweiterten (Zeit-)Optionen geführt. Allerdings steigt auch die Zahl „altersbedingter“ Krankheiten (wie Demenz) sowie die latente Angst vor der als anonym-bedrohend empfundenen „Apparatemedizin“. Patientenverfügungen sollen das Gefühl der „verlorenen Autonomie“ überbrücken helfen. Im Zentrum der (medialen) Diskussion stehen im Moment Fragen um die Möglichkeiten und die potentiellen Gefahren der Sterbehilfe, des assistierten Suizids und der Organspenden.

Die wieder aufgekommenen Zweifel (neu Herzklinikum Berlin), ob bei Organtransplantationen trotz aller Bemühungen um mehr Kontrolle und Transparenz nicht doch manipuliert wird, führen zu Vertrauensverlusten und als Folge zu nachlassender Spendebereitschaft.

Umstritten bleibt bei der Betreuung pflegebedürftiger Menschen die Frage des Einsatzes von Psychopharmaka. Sind sie ein legitimes Mittel zur Schmerzlinderung, zur Erhaltung der Selbstbestimmung oder aber bei zu starker Sedierung eine neue Form der Gewaltanwendung?

Kann die Medizin in Verkennung ihres Auftrags bzw. dessen Grenzen sogar zu einer Bedrohung für den Patienten werden? Was ist, wenn die Medizin nicht „loslassen“ kann? Wie steht es mit dem Recht des Kranken, auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten – auch mit dem Risiko den eigenen Tod schneller herbeizuführen?

Die gelungene Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist entscheidend - basierend auf einem intakten Vertrauensverhältnis. Das verloren gegangene Vertrauen wieder aufzubauen, wird Zeit brauchen. 

September 2014

Mittwoch, 23. Juli 2014

FAMILIENPOLITIK –
und der gesellschaftliche Wertewandel:

Staatliches Handeln in einer hoch-komplexen, unübersichtlichen Situation

Die demographische Entwicklung in Deutschland ist seit Jahren negativ: Während vor zwanzig Jahren noch über 1,3 Mio. Kinder geboren worden sind, hat sich diese Zahl bis 2013 um etwa 50% verringert. Für die Zeit nach 2020 wird ein weiterer Einbruch prognostiziert. Ein Faktor dafür ist, dass immer mehr Frauen/Eltern bewusst auf Nachwuchs verzichten, also „gewollt kinderlos“ sind.

Eltern werden in ihrer Entscheidung für oder gegen Kinder von einer Kombination mehrerer Faktoren beeinflusst: finanziellen, strukturellen und kulturellen. Dazu gehören sich weiter wandelnde eigene und/oder gesellschaftliche Erwartungen, wobei letztere in ihrer Wirkung oft unterschätzt werden. Das traditionelle Familienbild wird nachhaltig hinterfragt. Andere Formen des Zusammenlebens drängen nach vorn (und verlangen nach Anerkennung). Aber auch in der Ehe ändern sich die Rollen: Der Vater als Haupt-/Allein-Ernährer verliert mehr und mehr an Bedeutung, die Väter kümmern sich mehr/länger um den Nachwuchs: Die – immer besser ausgebildeten – Mütter suchen (auch) eine berufliche Perspektive. Die stetig steigende Zahl nicht gelungener Partnerschaften und zerbrochener Familienstrukturen liefert für diese Entscheidung der Frauen eine nachvollziehbare Motivation.

Wie soll/kann der Staat auf diese Situation reagieren? Mit welchem realistischen Ziel? Darf der Staat ein Leitbild vorgeben? Gibt es die „ideale“ Familiengröße? Welche Grenzen muss der Staat grundsätzlich beachten? Die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung werden kontinuierlich erweitert. Ist daher deren stärkere finanzielle Förderung seitens des Staates angesagt? Allein auf die Einwanderung kinderreicher Familien zu setzen, ist sicher keine (Dauer-)Lösung. Es besteht die Gefahr des demographischen Kolonialismus (Prof. Birg, 2009). Die politisch offenbar gewollte Bevorzugung der – staatlich organisierten und immer mehr professionalisierten – Fremdbetreuung von Kleinkindern droht die Wahlfreiheit und das Ersterziehungsrecht der Eltern zu untergraben.

Zur Stabilisierung der Bevölkerung als Ziel staatlichen Handelns ist daher eine kluge Kombination der verschiedensten Maßnahmen angezeigt. Seit 2008 hat die Regierung diese nach Umfang und Wirkung wissenschaftlich untersuchen lassen: Staatliche Stellen geben danach für die Familien-Förderung insgesamt p.a. mehr als 125 Mrd. € aus (FAZ 15/02/2014, S. 12); die Zahlen werden angezweifelt. Dennoch ist ein nachhaltiger Trendwandel in der demographischen Entwicklung nicht eingetreten (evtl. eine Verlangsamung der Abwärtsspirale).

Nachhaltig erfolgreich – im Sinne der angestrebten Erhöhung der Geburtenzahlen – können staatliche Maßnahmen nur sein, wenn das gesamtgesellschaftliche Umfeld „sie trägt“. Wichtig ist eine grundsätzlich kinderfreundliche Einstellung. Die „bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist ein weiterer wesentlicher Baustein. Dabei geht es nicht nur und in erster Linie um die Berücksichtigung erkennbarer Bedürfnisse der Wirtschaft und damit um arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, sondern um die Erfüllung konkreter Erwartungen der (zukünftigen) Eltern. Echte, erfahrbare Wahlfreiheit auch in der (schulischen) Betreuung kann zu Kindern motivieren.

Seinen Bestand zu sichern, ist ein legitimes Interesse jedes Staates. Dabei muss er sich auch auf die Eltern verlassen. Sie zu Kindern zu motivieren, ist ein wesentlicher Bestandteil dieses staatlichen Auftrags. Um der eigenen Zukunftsfähigkeit willen fordert unser Grundgesetz in Art. 6 den besonderen Schutz von Ehe und Familie. Die sich abzeichnende Tendenz zur völligen Angleichung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe führt im Endeffekt zu einer Aushöhlung dieses legitimen Schutzgedankens. Die gewollte Ungleichbehandlung zugunsten von Ehe und Familie, der „Keimzelle unserer Gesellschaft“, ist daher keine Diskriminierung anderer Lebensformen, sondern eine gut begründete Differenzierung – im wohlverstandenen Eigeninteresse.

Dienstag, 3. Juni 2014

„ONE OF US“ - „EINER VON UNS“

28. Mai 2014: Entscheid der EU-Kommission: Kein Handlungsbedarf für mehr Lebensschutz - trotz einer zahlenmäßig überwältigenden Unterstützung aus der EU-Bevölkerung lehnt die EU-Kommission die Forderungen dieses Bürgerbegehrens ab

Seit April 2012 gibt es die Möglichkeit, mittels Volksbegehrens bestimmte Themen auf die politische Agenda der EU zu setzen, z.B. das „Recht auf Wasser“. Keiner der bisherigen Versuche war zahlenmäßig so erfolgreich wie „One of Us“ mit über 1,7 Mio Unterstützern (rund 10% aus Deutschland) – unter ihnen Papst Franziskus und einige katholische Bischöfe aus Deutschland und Österreich. Erklärtes Ziel dieser eindrucksvollen Bürgerinitiative war, einen Finanzierungsstopp für die Embryonenforschung und die Abtreibung zu erreichen.

Im Februar 2014 wurde die Petition an die für die Einleitung von Gesetzgebungsverfahren in der EU zuständige Kommission übergeben. Im Rahmen der Überprüfung dieses Begehrens gab es im April eine öffentliche Anhörung im Europäischen Parlament. Am 28. Mai gab die EU-Kommission ihre Entscheidung bekannt, kein neues Gesetzgebungsverfahren aufzunehmen. Zur Begründung wurde auf die vor kurzem erlassenen Rahmenrichtlinien unter den Mitgliedsstaaten verwiesen. Außerdem müssten EU-Projekte das jeweilige nationale Recht respektieren.

Die erfreulich hohe Teilnahme an dieser Initiative – auch seitens der Amtskirche! - sollte uns in unseren Bemühungen um einen umfassenden Lebensschutz Mut machen. Auch wenn die „Politik“ (bei uns) sich mit den gefundenen Kompromissen abfinden möchte, scheint das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Tötung menschlichen Lebens mittels Abtreibung in der Bevölkerung doch noch nicht völlig verloren gegangen zu sein – allen Unkenrufen zum Trotz. Wie lässt sich diese Tatsache medial nutzen? In der Form einer „positiven Skandalisierung“? Bei unseren Aktivitäten müssen wir noch mehr als bisher Wert darauf legen, dieses Bewusstsein zu stärken bzw. zu wecken. Frage: Wie rechtfertigt der Staat die finanzielle Unterstützung rechtswidriger Taten?

Die ernüchternde – wenn auch angesichts der erst vor wenigen Tagen erfolgten EU-Wahlen nicht wirklich überraschende – negative Reaktion der EU-Kommission ist auch der notwendigen Diskussion um die Zuständigkeiten innerhalb Europas zuzuschreiben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte im Oktober 2010 entschieden, keine eigene Kompetenz zur Schaffung eines „Rechts auf Abtreibung“ zu haben. Diese Frage muss demnach auf nationaler Ebene entschieden werden. Und: Falls ein europäisches Volksbegehen sich „so einfach aushebeln“ ließe, sollte auch die Wahl der Mittel zur Durchsetzung eines Begehrens überprüft werden. Es bleibt zu überlegen, ob nicht in Zukunft das gestärkte EU-Parlament Ansprechpartner entsprechender Initiativen sein sollte.

2. Juni 2014

Samstag, 3. Mai 2014

REPRODUKTIVE AUTONOMIE: Gibt es anerkannte Grenzen?

- warum werden die gesellschaftlichen Auswirkungen der Fortpflanzung oft ausgeblendet?

Im März 2014 hat die Büchnerpreisträgerin S. Lewitscharoff in Dresden eine Rede gehalten.Thema: „Von der Machbarkeit. Die wissenschaftliche Bestimmung über Geburt und Tod“. Nach anfänglich positiven Reaktionen haben sich in der Folgezeit vornehmlich kritische Stimmen zu Wort gemeldet. Die wegen der nicht akzeptablen Wortwahl – die Künstlerin hat künstlich erzeugte Kinder als Halbwesen bezeichnet – zu Recht geführte, wenn auch medial aufgeheitzte Debatte hat allerdings mit dazu beigetragen, dass das Grund-Anliegen der Rede kaum aufgegriffen und diskutiert worden ist. Frau L. möchte Warnzeichen gegen eine von ihr befürchtete negative Entwicklung aufrichten.

Die Rednerin spricht von der Gefahr, dass es durch die nicht eingeschränkte Nutzung der infolge der Fortschritte in der Medizin erweiterten Möglichkeiten fast zwangsläufig zu einer Verzweckung des Menschen, zu seiner fortschreitenden Instrumentalisierung kommt. Mit dem geltenden Verständnis der Menschenwürde wäre diese Entwicklung nicht vereinbar. Wo liegen die Grenzen für die Erfüllung eines Kinderwunsches? Welche neuen Regeln müssen gelten, um dem „Machbarkeitswahn“ Einhalt zu gebieten? Ist alles erlaubt, was machbar ist - nur weil es machbar ist?

Dem Zeitgeist entsprechend wird den Eltern das Recht auf ein Kind zugesprochen. Methode und Zeitpunkt (social freezing) sind wählbar. Staatliche Unterstützung wird erwartet. Aber bei dieser allein auf den Elternwunsch konzentrierten Sicht werden sozial-ethische Auswirkungen gesamtgesellschaftlicher Art bewusst ausgeblendet. Wer sorgt sich um die legitimen Interessen der Kinder? Auf welcher Basis werden in Zukunft die entstehenden Fragen beantwortet? Wie verstehen wir Familie – z.B. im Fall anonymer Samenspender?

Wegen des drohenden demographischen Wandels allein die Aspekte einer medizinisch verbesserten Möglichkeit der Fortpflanzung zu beachten und zu fördern, ist nicht ausreichend. Es geht um eine zutiefst anthropologische Frage: Welcher Begriff von „Menschheit“ soll in Zukunft gelten? Unser Grundgesetz gibt entsprechende Maßstäbe vor. Menschen haben ihre unverlierbare Würde in sich selbst; sie dürfen nie als Mittel zum Zweck genutzt (und gezeugt) werden.

Mai 2014

Montag, 10. März 2014

ALLE KINDER SIND EIN GESCHENK GOTTES

– auch die künstlich gezeugten

(angeregt von: Bischof Heiner Koch, Dresden, 07. 03. 2014)

Um den Geburtenrückgang bei uns abzumildern, hat die Politik u.a. erwogen, die künstliche Geburt mit höheren Zuschüssen stärker zu fördern. Gegen diese staatlichen Maßnahme sind erhebliche Bedenken vorgebracht worden.

Mit einem am 2. März 2014 in Dresden gehaltenen Vortrag hat die letztjährige Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff scharfe (Gegen-)Reaktionen ausgelöst. Ihre Rede stand unter dem Titel: „Von der Machbarkeit. Die wissenschaftliche Bestimmung über Leben und Tod“. Mit sehr starken Worten hat Frau L. ihr tiefes Unbehagen am menschlichen Machbarkeitswahn und insbesondere an der modernen Reproduktionsmedizin (aber auch den medizinischen Möglichkeiten am Lebensende) zum Ausdruck gebracht.

Ganz offensichtlich lehnt sie die durch die Reproduktionsmedizin ermöglichte künstliche Befruchtung (IVF) als einen „abartigen Weg“ ab; sie wendet sich gegen die damit verstärkte um sich greifende Selbstermächtigung der Frau - „Mein Bauch gehört mir“. Frau L. äusserte ihr – nach eigenen Angaben religiös motiviertes - Unbehagen in ungewöhnlich drastischen Worten.

Auch wenn das Verfahren vielen ungewollt kinderlosen Paaren zu einem Kind (geschätzt auf drei Millionen) verholfen hat, gibt es gute Gründe für eine nach wie vor kritische Haltung. Diese Bedenken hat z. B. die katholische Kirche immer wieder bekräftigt, zuletzt in der Debatte um die Zulässigkeit der PID.

Aber trotz aller Vorbehalte gegen die Methode: Es ist völlig inakzeptabel, die so gezeugten Kinder herabzuwürdigen, sie wie Frau L. mit Abscheu zu betrachten, sie gar als Halbwesen und als künstliche „Weißnichtwas“ zu diffamieren*. Als Kinder sind auch sie Geschenke Gottes mit einer unantastbaren Menschenwürde.

Die verständliche Kritik an der missglückten, zumindest missverständlichen Wortwahl führt leicht dazu, die Absicht der Referentin zu übersehen. Sie möchte auf eine aus ihrer Sicht verhängnisvolle Entwicklung aufmerksam machen. Nur einige Stichworte: Machbarkeitswahn – zu Beginn und am Ende des Lebens, Selbstermächtigung der Frau, Mann nur (anonymer) Samenspender, ….

*In einem Interview hat Frau L. ihre drastischen Formulierungen erläutert, ohne allerdings von den Kernaussagen abzurücken (FAZ 7/3/2014). Einen Tag später hat sie dann aber gegenüber dem ZDF ihr Bedauern über diesen Satz ausgesprochen.

Montag, 24. Februar 2014

EUTHANASIE – jetzt auch bei Kindern?

Verheerende Signalwirkung. Ein Gespenst geht um in Europa.

Immer häufiger kann man hören, dass Angehörige Schwerstkranker vom Pflegepersonal offen gefragt werden, ob sie ihren Lieben nicht weitere Qualen ersparen möchten. Die Sterbehilfe (Euthanasie) ist offensichtlich als akzeptierte Alternativtherapie in unserer Gesellschaft angekommen. Welche Grenzen gelten noch?

Leider gilt es jetzt einen weiteren Tiefpunkt in dieser Entwicklung zu beklagen: Am 13. Februar 2014 hat das belgische Parlament ein Gesetz verabschiedet, welches Sterbehilfe auch bei Kindern erlaubt, wenn sie todkrank sind und unter starken Schmerzen ohne Aussicht auf Linderung leiden. Anders als in den Niederlanden, in denen bei Kindern eine Altersgrenze von zwölf Jahren gilt, legt das belgische Gesetz keine Untergrenze fest. Die Maßnahme muss von den Eltern und den behandelnden Ärzten gebilligt werden.

Und: Grundvoraussetzung ist, dass die betroffenen Kinder sich ihrer Situation und der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sind. Wer soll dies anhand welcher Kriterien überprüfen? Mit guten Gründen hat die Gesellschaft für das allgemeine Wahlrecht eine Altersgrenze vorgeschrieben. Auch den Führerschein kann man erst ab einem bestimmten Alter erwerben. Das gilt auch für das Heiraten - und die damit verbundene Lebensentscheidung. Aber über den eigenen endgültigen Tod soll ein Kind ohne festgelegte Altersgrenze und die damit verbundene Reifevermutung entscheiden können. Das passt nicht zusammen. Zudem was muss ein todkrankes Kind empfinden, wenn es erleben muss, dass seine Eltern/Ärzte es "aufgegeben“ haben?

Bietet unsere Gesellschaft den Betroffenen wirklich keine besseren Alternativen? Speziell für Kinder eingerichtete Palliativstationen bzw. Hospize leisten seit Jahren gute Dienste. Sie bieten eine liebevolle, eine allein menschenwürdige Begleitung im Sterben.

Mittwoch, 15. Januar 2014

ENDLICH: LEBENSSCHUTZ


- wie die Politik ein vernachlässigtes Thema wiederentdeckt
- aber: warum über die Abtreibung im Parlament nicht diskutiert wird

Spät-Abtreibung, Beihilfe zur Selbsttötung*, Definition des Hirntodes, Sterbehilfe – diese und andere Aspekte aus dem Themen-Bereich Lebensschutz haben in der abgelaufenen Legislaturperiode des Deutschen Bundestages kaum eine Rolle gespielt. Mit einer Ausnahme: Der Versuch, mit einem neuen § 217 StGB die organisierte Sterbehilfe strafrechtlich zu regeln, ist gescheitert.

Jetzt scheint es, als sei der - vom Grundgesetz aufgegebene - Lebensschutz als Thema von „der Politik“ wiederentdeckt worden. Peter Tauber, der neue Generalsekretär der CDU, möchte die wieder aufgeflammte Debatte um die Strafbarkeit der geschäftsmäßig (organisiert) angebotenen Sterbehilfe zu einer ausgiebigen Diskussion nutzen, „auch um stärker über Alternativen wie Palliativmedizin und Hospizbewegung“ nachzudenken.

Als Basis der gewünschten Diskussion strebt die CDU einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf an. Die SPD hält sich noch bedeckt, allerdings hat ihr Justizminister Maas die Abstimmung über die Sterbehilfe, einer „ethisch außerordentlich komplexen Frage“, „als Gewissensentscheidung“ qualifiziert und daher die Aufhebung des Fraktionszwangs gefordert.

Während es gute Chancen für einen ernsthaften Diskurs zum Thema Sterbehilfe zu geben scheint, wird die Abtreibung – vom Papst als Ausdruck der Wegwerf-Kultur gegeisselt – weiterhin in der parlamentarischen Diskussion ausgeklammert. Die CDU hat sich schon klar positioniert: „Der Staat kann die Entscheidung für das Leben nicht erzwingen. - An den geltenden gesetzlichen Regelungen wollen wir nichts ändern“. Damit wird der Auftrag des Verfassungsgerichts zur Überprüfung der gefundenen Beratungsregelung weiter unterlaufen. Für die handelnden Politiker ist dabei wohl entscheidend, dass sie für eine die Schutzfunktion stärkende Regelung keine parlamentarische (und später verfassungsrechtliche) Unterstützung erwarten.

*P.S. Unsere Videointerviews zu den (medizin-)ethischen Aspekten der Beihilfe zur Selbsttötung finden weiterhin reges Interesse.